FAQ

1.  Allgemein
1.1.  Braucht es bei allen Gewässern einen Gewässerraum?
Grundsätzlich muss der Gewässerraum an allen öffentlichen Gewässern gemäss festgelegt werden. Falls keine überwiegenden Interessen entgegenstehen, kann bei Gewässern im Wald, bei eingedolten Gewässern, bei künstlich angelegten oder sehr kleinen Gewässern und bei Wasserflächen von weniger als 0.5 ha auf die Festlegung des Gewässerraums verzichtet werden.
 
1.2.  Was gilt als dicht überbautes Gebiet?
Die Ausscheidung von dicht überbautem Gebiet wurde auf Grund von definierten Kriterien vorgenommen. Die Unterscheidung in dicht- oder nicht dicht überbautes Gebiet erfolgt im Kanton Appenzell Innerrhoden einerseits aufgrund der raumplanerischen Zonierung und andererseits aufgrund von Experteneinschätzungen unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung zum Thema "dicht überbaut" sowie der aktuellen Bebauungssituation. Was «dicht überbaut» heisst, ist somit nicht abschliessend geregelt, sondern muss im Einzelfall beurteilt werden. Zur Definition von dicht überbauten, resp. nicht dicht überbauten Gebieten hat das Bundesamt für Umwelt Wegleitungen erlassen (Gewässerraum im Siedlungsgebiet, 2013 und Modulare Arbeitshilfe zur Festlegung und Nutzung des Gewässerraums in der Schweiz, 2019). Sinn und Zweck der Ausnahmeregelungen im „dicht überbauten Gebiet“ ist somit, dass Siedlungsgebiete verdichtet und Baulücken genutzt werden können, sofern das Interesse an der Nutzung überwiegt.

Detaillierte Informationen sind im «Leitfaden zur Ausscheidung des Gewässerraums Appenzell Innerrhoden»  zu finden. 

1.3.  Ersetzt der Gewässerraum die bestehenden Vorgaben entlang der Gewässer?
Die bestehenden gesetzlichen Regelungen (Gewässerbaulinien, 3-Meter Pufferstreifen gemäss ChemRRV, etc.) bleiben in Kraft. Ziel der Gewässerraumfestlegung ist es jedoch, die verschiedenen Vorgaben, wenn möglich und sinnvoll zu harmonisieren, sodass künftig nur noch eine Vorgabe massgebend ist. 
 
2.  Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer
2.1.  Wie erfahre ich, ob mein Grundstück in den Gewässerraum zu liegen kommt?
Betroffene Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer werden über die öffentliche Auflage der Gewässerraumfestlegung informiert. Nachdem der Gewässerraum rechtskräftig ausgeschieden ist, wird er über den kantonalen GIS Browser jederzeit öffentlich einsehbar sein.
 
2.2.  Welche Rechtsmittel stehen mir im Prozess der Gewässerraumfestlegung zur Verfügung?
Bevor der Kanton den Gewässerraum festlegt, erfolgt eine öffentliche Auflage von 30 Tagen, während der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer Einsprache erheben können. Im Fall eines Negativentscheids steht der Rekursweg an die Standeskommission sowie der Gang an das Verwaltungs- und Bundesgericht offen.
 
2.3.  Werde ich entschädigt, wenn mein Grundstück in den Gewässerraum zu liegen kommt?
Grundsätzlich kommt es infolge der Ausscheidung des Gewässerraums nicht zu Entschädigungszahlungen. Liegt eine materielle Enteignung vor, besteht jedoch Anspruch auf eine Entschädigung durch den Kanton.
 
3.  Methodik
3.1.  Wie stark kann in dicht überbauten Gebieten der Gewässerraum an offenen Fliessgewässern reduziert werden?
Der Gewässerraum kann nur bis zum minimal notwendigen Raumbedarf für die Durchleitung eines Hochwasserereignisses (meistens HQ100; d.h. ein Hochwasserereignis mit einer Wiederkehrwahrscheinlichkeit von 100 Jahren) reduziert werden. Eine Unterschreitung dieses minimalen Raumbedarfs ist in der Regel nur möglich, wenn ein Wasserbauprojekt auf (mindestens) Stufe Vorprojekt vorliegt, welches nachweist, dass die Durchleitung eines HQ100 dank geeigneter Hochwasserschutzmassnahmen möglich ist.
Der verbleibende Gewässerraum muss in jedem Fall den Hochwasserschutz gewährleisten und minimale ökologische Funktionen wahrnehmen und nur so weit beansprucht werden, wie dies zwingend nötig ist.
 
3.2.  Wie muss die Gewässerraumlinie ausgerichtet werden? Gibt es Möglichkeiten die im Gewässerraum zu liegenden Gebäude zu «umfahren»?
Gebäude, die im Gewässerraum zu liegen kommen, werden grundsätzlich nicht vom Gewässerraum «umfahren». Die Gewässerraumlinie wird als Durchschneidende festgelegt.
 
3.3.  Muss auch bei Durchlässen (z.B. Strassenquerungen o.ä.) ein Gewässerraum ausgeschieden werden?
Bei Durchlässen (z.B. Gleisanlagen, Strassenquerungen) und Überdeckungen ist grundsätzlich ein Gewässerraum auszuscheiden. Ein Verzicht ist unter Umständen bei künstlich angelegten und langen eingedolten Gewässern möglich.
 
3.4.  Warum wird für manche Gewässer eine höhere natürliche Gerinnesohlenbreite als tatsächlich vorliegt ausgewiesen?

Die natürliche Gerinensohlenbreite dient als Basis für die Festlegung der Gewässerräume. Ein naturnahes Fliessgewässer wird auf seinem Lauf meist unterschiedlich breite Gerinnesohlen ausbilden (sog. Breitenvariabilität). Sind die Fliessgewässer oder Abschnitte davon begradigt oder verbaut, haben sie meistens eine eingeschränkte oder fehlende Breitenvariabilität. Deswegen entspricht ihre Sohlenbreite nicht mehr der natürlichen Gerinnesohlenbreite. Die natürliche Gerinnesohlenbreite muss in diesen Fällen hergeleitet werden. Dafür wird in der Schweiz meistens mit einem Korrekturfaktor gearbeitet. Dieser beträgt bei einer eingeschränkten Breitenvariabilität 1.5; bei fehlender Breitenvariabilität 2.0.

4.  Bauten und Anlagen im Gewässerraum
4.1.  Können neue Bauten und Anlagen im Gewässerraum errichtet werden?
Grundsätzlich gilt, dass nur neue Bauten und Anlagen erstellt werden können, wenn diese im öffentlichen Interesse und standortgebunden sind.
 
4.2.  Was ist mit bereits bestehenden Bauten und Anlagen im Gewässerraum?

Bereits bestehende, rechtmässig erstellte und bestimmungsgemäss nutzbare Bauten und Anlagen, die sich innerhalb des Gewässerraum befinden sind in ihrem Bestand grundsätzlich geschützt. Gewisse Um- und Ausbauten, Erweiterungen sowie Nutzungsänderungen bleiben möglich. Damit sind bauliche Massnahmen gemeint, die die Anlage in ihrem hergebrachten Zustand schützen, nicht aber die Anlage vergrössern oder ihre generelle Zweckbestimmung ändern.

5.  Landwirtschaftliche Nutzung
5.1.  Was gilt für landwirtschaftlich genutzte Flächen, welche im Gewässerraum liegen?
Im Gewässerraum dürfen keine Dünger und Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Der bereits bestehende 3m-Düngeabstand sowie der 6m-Pflanzenschutzmittelabstand nach ChemRRV haben weiterhin ihre Gültigkeit, wobei der 3m-Düngeabstand nach Möglichkeit innerhalb des Gewässerraums zu liegen kommt.
 
5.2.  Wie sollen Landwirtschaftsflächen im Gewässerraum zukünftig bewirtschaftet werden?
Im Gewässerraum ist ausschliesslich eine extensiv Bewirtschaftung (Biodiversitätsförderfläche) möglich. Die möglichen Nutzungstypen sind Uferwiesen entlang von Fliessgewässern (Code DZV 634), extensiv genutzte Wiesen (Code DZV 611), Streuflächen (Code DZV 851), Hecken, Feld- und Ufergehölze (Code DZV 852) und extensiv genutzte Weiden (Code DZV 617).

Zuständige Stelle

Landesbauamt

Telefon +41 71 788 92 99