Öffentliche Planauflagen des Gewässerraums

20.11.2020
Die Gewässerräume für den Kanton Appenzell I.Rh. wurden erarbeitet und werden ab nächsten Montag schrittweise öffentlich aufgelegt.

Die Gewässerräume für den Kanton Appenzell I.Rh. wurden erarbeitet und werden ab nächsten Montag schrittweise öffentlich aufgelegt.

Im Leitbild Fliessgewässer Schweiz haben 2003 mehrere Bundesämter gefordert, dass den Schweizer Gewässern für die natürliche, räumliche und zeitliche Entwicklung ein ausreichender Raum zur Verfügung gestellt werden soll. Darauf basierend wurde 2011 das Gewässer-schutzgesetz (GSchG) angepasst. Gemäss Art. 36a Abs. 3 GSchG soll ein Gewässerraum definiert werden, welcher die natürlichen Funktionen der Gewässer sowie den Hochwasserschutz gewährleistet und die langfristige Gewässernutzung (inklusive Erholung) sicherstellt.

Der Gewässerraum wird als Korridor, bestehend aus dem Gewässer und einem Landstreifen entlang beider Ufer, ausgeschieden. Die Ausdehnung des Gewässerraums ist abhängig von der Breite des Gewässers und wird anhand der Vorgaben der Art. 41a und Art. 41b der Gewässerschutzverordnung (GschV) ermittelt. Für die Gewässerräume gilt laut Art. 36a Abs. 3 GSchG, dass diese extensiv zu gestalten und zu bewirtschaften sind.

Die Kantone wurden dazu verpflichtet, den Raumbedarf für oberirdische Gewässer festzulegen. Die rechtliche Voraussetzung dafür wird im Kanton Appenzell I.Rh. durch das Wasserbaugesetz (WBauG) gebildet. Art. 9 WBauG regelt dabei das Verfahren der Gewässerraumfestlegung.

Im Kanton Appenzell I.Rh. wird der Gewässerraum kantonsweit festgelegt, jedoch in unterschiedlichen Losen. Das heisst, die öffentliche Auflage des Gewässerraums erfolgt etappenweise. Die betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer werden entsprechend mit einem Schreiben informiert.

Gesetzliche Vorgaben

Die Kantone sind gemäss Art. 36a GSchG dazu verpflichtet, den oberirdischen Raumbedarf der Gewässer für die Gewährleistung der natürlichen Funktionen festzulegen. Die Gewässerschutzverordnung konkretisiert dies mittels detaillierter Vorgaben (Art. 41a ff. GSchV). Die Verordnung definiert den Gewässerraum für fliessende und stehende Gewässer.

Um eine einheitliche Umsetzung auf der Basis von objektiven Kriterien gewährleisten zu können, wurde in Zusammenarbeit mit den betroffenen kantonalen Fachstellen und den Bezirken als Planungsbehörden, der «Leitfaden zur Ausscheidung des Gewässerraums Appenzell Innerrhoden» erarbeitet, welcher von der Standeskommission im Februar 2018 verabschiedet wurde. Durch die im Leitfaden beschriebenen Schritte zur Gewässerraumausscheidung wird eine möglichst homogene Definition des Gewässerraums sichergestellt. Der Leitfaden ist auf der Kantonshomepage unter www.ai.ch/gewaesserraum verfügbar.

Unterschieden werden bei fliessenden Gewässern zudem Gewässerräume in ökologisch wertvollen Gebiete wie Biotopen von nationaler Bedeutung, Naturschutzgebiete, Moorlandschaften und kantonalen Landschaftsschutzgebieten sowie die Gewässerräume in den übrigen Gebieten. In ersteren ist der Gewässerraum grösser auszuscheiden als in den übrigen Gebieten.

Die Gewässerschutzverordnung gibt den minimal festzulegenden Gewässerraum bei den meisten Gewässern vor. Für die Bestimmung eines minimalen Gewässerraums bleibt den Kantonen nur bei grösseren Gewässern ein gewisser Spielraum (beispielsweise Sitter, Rotbach, Wissbach).

Dieser minimale Gewässerraum dient der Sicherstellung der natürlichen Funktionen und des Hochwasserschutzes. Der Schutz vor Hochwasser, die Gewährleistung des für eine Revitalisierung erforderlichen Raums, die Gewässernutzung sowie der Natur- und Landschaftsschutz können jedoch auch eine Verbreiterung des Gewässerraums bedingen. Dies wurde bei den Gewässern jeweils geprüft. Eine Verbreiterung des Gewässerraums über den minimalen Abstand hinaus wurde nur in Einzelfällen festgelegt.

Auch bei stehenden Gewässern muss ein Gewässerraum festgesetzt werden. Zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes, des Raumbedarfs für Revitalisierungen, der Gewässernutzung sowie des Natur- und Landschaftsschutzes kann dieser erhöht werden. Im Kanton Appenzell I.Rh. kommt der Gewässerraum bei Seen nur zur Anwendung, wenn gewässerschutzbezogene Ziele oder der Artenschutz es bedingen. Konkret haben wichtige Amphibienweiher sowie Teile der drei Bergseen Gewässerräume.

Die Breite des Gewässerraums kann sowohl bei fliessenden wie auch bei stehenden Gewässern in dicht überbauten Gebieten den baulichen Gegebenheiten angepasst werden, soweit der Schutz vor Hochwasser gewährleistet ist. Die dicht überbauten Gebiete wurden im Rahmen der Erarbeitung des Leitfaden zur Ausscheidung des Gewässerraums Appenzell I.Rh. durch die Planungsbehörden sowie Fachexpertinnen und -experten definiert.

Nutzung und Einschränkungen der Gewässerräume

Im Gewässerraum dürfen gemäss Art. 41c Abs. 3 GschV keine Dünger und Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Die Gewässerräume sind somit extensiv zu bewirtschaften. In der Landwirtschaftszone bedeutet dies, dass die Tiere weiden dürfen, aber es darf weder Gülle, noch Mist oder Kunstdünger ausgebracht werden. Die Bewirtschaftung muss als Streuefläche, Hecke, Feld- und Ufergehölz, Uferwiese, extensive Wiese oder extensive Weide erfolgen und auch als solche beim Landwirtschaftsamt angemeldet sein. Einzelstockbehandlungen von Problempflanzen sind ausserhalb eines 3m breiten Streifens entlang des Gewässers zulässig, sofern diese nicht mit einem angemessenen Aufwand mechanisch bekämpft werden können. Gärten im Siedlungsgebiet, welche im Gewässerraum liegen, dürfen ebenfalls nicht gedüngt werden und es dürfen keine Pflanzenschutzmittel verwendet werden.

Im Grundsatz sind neue Bauten und Anlagen im Gewässerraum nicht zulässig, ausgenommen sind standortgebundene im öffentlichen Interessen liegende Anlagen, wie Wanderwege und Brücken. Bereits bestehende, rechtmässig erstellte und bestimmungsgemäss nutzbare Bauten und Anlagen, die sich innerhalb des Gewässerraums befinden, sind in ihrem Bestand grundsätzlich geschützt. Sie dürfen weiterhin genutzt, unterhalten und zeitgemäss erneuert werden. Damit bleiben gewisse Um- und Ausbauten, Erweiterungen sowie Nutzungsänderungen möglich. Vorbehalten bleiben anderslautende baurechtliche Bestimmungen. Für Erweiterungen, Ersatzbauten und Neuanlagen im Gewässerraum ist eine Einzelfallbeurteilung nötig.

Grundsätze bei der Festlegung des Gewässerraums

Die Gewässerraumausscheidung wurde für den gesamten Kanton Appenzell I.Rh. nach definierten Kriterien vorgenommen, wobei lokale Gegebenheiten soweit wie möglich berücksichtigt wurden. Die Grundsätze und das generelle Vorgehen stützen sich auf den Leitfaden zur Ausscheidung des Gewässerraums.

Als Datengrundlage wurde die Landeskarte im Massstab 1:25'000 verwendet. Gewässer, welche nicht auf dieser Landeskarte verzeichnet sind, gelten als «sehr kleine Gewässer» bei welchen gestützt auf Art. 41a Abs. 5 GSchV auf die Ausscheidung des Gewässerraums verzichtet werden kann, sofern keine überwiegenden Interessen gegenüberstehen. Der Gewässerraum soll nach Möglichkeit symmetrisch, das heisst links und rechts sollen gleiche Abstände ab der Gewässerachse gelten, festgelegt werden. Damit werden einseitige Benachteiligungen, beispielsweise des Baulands zu Lasten des Landwirtschaftslands, verhindert.

Bei Eindolungen wird auf eine Festlegung des Gewässerraums verzichtet, sofern keine überwiegenden Interessen gegenüberstehen. Überwiegende Interessen sind dann gegeben, wenn beispielsweise der Schutz vor einer Hochwassergefährdung gewährleistet werden muss, in der kantonalen Revitalisierungsplanung Massnahmen zur Offenlegung des Gewässerabschnitts vorgesehen sind oder die punktuelle Zugänglichkeit für den Unterhalt GschV gewährleistet werden muss. Bei eingedolten Gewässern entfallen gemäss Art. 41 c Abs. 6 lit. b die in Kapitel 2.1.1 erwähnten Bewirtschaftungseinschränkungen.

Im Waldgebiet wird ebenfalls auf die Festlegung des Gewässerraums verzichtet, ausgenommen sind die Auenwälder. Auch in Sömmerungsgebieten ermöglicht die Gesetzgebung den Verzicht des Gewässerraums, vorausgesetzt es bestehen keine überwiegenden Interessen. Diese Interessensabwägung wurde vorgenommen und es wurden vereinzelte Gewässerräume auch im Sömmerungsgebiet festgelegt.

Verfahren

Es ist geplant, den Gewässerraum in elf Losen schrittweise öffentlich aufzulegen. Die betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer werden schriftlich über die öffentliche Auflage informiert. Die öffentliche Auflage besteht aus den effektiven Gewässerräumen, welche im Geoportal eingesehen werden können (www.geoportal.ch), wobei im Suchfenster der Betriff «Gewässerraum Kt AI» eingegeben werden kann. Beim Klicken auf die entsprechenden roten Flächen erscheint ein Fenster mit dem festzulegenden Gewässerraum und weiteren Details. Auf der Homepage www.ai.ch/gewaesserraum sind der technische Bericht, der Leitfaden zur Ausscheidung des Gewässerraums Appenzell I.Rh. sowie weitere Informationen und Links und ein FAQ-Abschnitt aufgeführt. Aufgrund der aktuellen Coronasituation wird auf die Durchführung einer öffentlichen Informationsveranstaltung verzichtet. Falls betroffene Personen über keinen Internetzugang verfügen, können Termine beim Bau- und Umweltdepartement vereinbart werden.

Ende November werden als erstes die Gewässerräume im Los Oberegg öffentlich aufgelegt. Die übrigen Lose im inneren Landesteil folgen sukzessive.

Innert der Frist der öffentlichen Auflage können Einsprachen beim Bau- und Umweltdepartement eingereicht werden. Im Fall eines abschlägigen Entscheids des Departements kann gegen den Entscheid Rekurs bei der Standeskommission erhoben werden. Der Entscheid der Standeskommission kann vor das Verwaltungs- und danach vor das Bundesgericht gebracht werden.

Mitteilung im Wortlaut