Vor 45'000 bis 30'000 Jahren - Urzeitliche Jäger besuchen das Wildkirchli
Das Appenzellerland ist bis ins 8. Jahrhundert eine Wildnis
Die ältesten menschlichen Funde im Appenzellerland gehen auf die wärmere Zwischeneiszeit vor 45'000 bis 30'000 Jahren zurück. Bei ersten, 1903-1908 unternommenen Grabungen im Wildkirchli wurden bearbeitete Steine aus dem nahen Weissbach-Schwende-Tal gefunden. Urzeitliche Jäger benutzten die in der Südostwand des Ebenalpstocks gelegene Höhle auf ihren Streifzügen als Unterschlupf und trugen die Steinwerkzeuge den Berg hinauf. Die Archäologen förderten auch Knochen von Hunderten verschiedener Höhlenbären zu Tage. Die ursprüngliche Ansicht, die Bären seien von den Jägern erlegt worden, ist indes nach neueren Erkenntnissen falsch. Die Tiere dürften wohl ihren Winterschlaf in der geschützten Höhle gehalten haben und dabei eines natürlichen Todes gestorben sein. Später bedeckten Säntis- und Rheingletscher von neuem die appenzellischen Hügel und Täler und schmolzen erst vor rund 10'000 Jahren letztmals ab.
Die nächsten menschlichen Werkzeugfunde gehen auf die Bronzezeit zurück. Im Gebiet von Appenzell handelt es sich um ein Bronzebeil, das in der Forren zwischen Appenzell und Weissbad gefunden wurde und in die Zeit von etwa 1200 bis 1100 v. Chr. zu datieren ist. Da auch das St. Galler Rheintal im Gebiet um den Hirschensprung und den Montlingerberg bronzezeitliche Funde aufweist, ist es möglich, dass das Werkzeug von dort stammt. Gleichwohl lässt sich aus zufälligen und spärlichen Funden nicht auf eine Besiedlung schliessen. Vielmehr ist anzunehmen, dass das Appenzellerland von den Wanderungen der Urzeit nur am Rande berührt wurde. Es handelte sich um ein eigentliches Niemandsland zwischen den keltischen und rätisch-illyrischen Völkern.
Auch die Erschliessung des schweizerischen Mittellandes durch die Römer erfasste das Appenzellerland kaum, denn die wichtigsten Römerstrassen umgingen das Bergland. Die Römer siedelten vornehmlich im Rheintal und am Ufer des Bodensees. Hingegen dürften in spätrömischer Zeit verschiedene Alpen von den rätischen Rheintalern bestossen worden sein. Mit dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches im Verlauf des 5. Jahrhunderts nach Christus schwand die ohnehin geringe Nutzung gänzlich. Im Frühmittelalter nannte die Bevölkerung das Appenzellerland den 'Arboner Forst' und brachte damit zum Ausdruck, dass es sich um eine unerschlossene Wildnis handelte.