Gutes Zeugnis für Innerrhoder Bewältigung der Corona-Pandemie
Das externe Forschungs- und Beratungsbüro Interface gibt dem Kanton Appenzell I.Rh. für die Bewältigung der Corona-Pandemie insgesamt gute Noten. Die im Bericht enthaltenen Empfehlungen für Optimierungen werden geprüft.
Die Standeskommission hat im Frühling 2022 beschlossen, einen externen Bericht über die kantonale Bewältigung der Krise erstellen zu lassen. Sie hat die Interface Politikstudien Forschung Beratung AG (Interface) mit der Prüfung der Frage beauftragt, inwiefern die innerkantonale Krisenbewältigung zweckmässig und wirksam erfolgt ist und wo Verbesserungspotenzial besteht. Schwerpunkte der Evaluation wurden auf die Bereiche Krisenvorsorge und Krisenmanagement in den Pandemiewellen zwischen März 2020 und Mai 2021 sowie auf die erlassenen Massnahmen und die Kommunikation gelegt.
Grundsätzlich gut vorbereitet
Der Kanton war gut auf die Krise vorbereitet. Es lagen die erforderlichen Grundlagen vor, welche die Zuständigkeiten für die Ergreifung von gesundheitspolitischen Massnahmen, die Alarmierung und den Aufbau des Kantonalen Führungsstabs, die Aufgaben des Kantonsarztes sowie die Unterstützung von Einzelbetrieben festhielten.
Als Schwäche wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Pandemie keine systematische Gefährdungs- und Risikoanalyse bestand. Für den Fall der Absage der Landsgemeinde war zudem keine rechtliche Regelung vorbereitet. Abgesehen von den Zuständigkeitsregelungen für Pandemiemassnahmen fehlte es sodann an einer klaren allgemeinen Zuständigkeitsregelung in Notfallsituationen für die Standeskommission. Weiter standen zu Beginn der Krise keine optimale Infrastruktur für die Arbeit der Kantonsmitarbeitenden im Home-Office sowie kein genügend grosser Sitzungsraum für den Kantonalen Führungsstab zur Verfügung.
Umsetzung des Krisenmanagements
Die Umsetzung des Krisenmanagements war zweckmässig, und die Strukturen für die Pandemiebewältigung konnten rasch aufgebaut werden. Die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung funktionierte gut. Dies war nicht zuletzt deshalb so, weil der Grundsatz «in der Krise Köpfe kennen» im kleinräumigen Kanton Appenzell I.Rh. vergleichsweise einfach sichergestellt werden kann. Von der Kleinräumigkeit profitierte auch die Zusammenarbeit mit Akteurinnen und Akteuren aus der Wirtschaft und der Gesundheitsversorgung.
Output aus dem Krisenmanagement
Die Verwaltungsmitarbeitenden wurden in der Regel schnell und sachgerecht informiert. Bei der externen Kommunikation mit den kantonalen Gesundheitsinstitutionen, den Vertretungen der Wirtschaft sowie der Bevölkerung und den Medien verwendete der Kanton ebenfalls geeignete Kanäle und -instrumente. Jedoch informierte der Kanton zu Beginn der zweiten Welle der Pandemie zu wenig aktiv über den Verlauf der Pandemie und die Fallzahlen. Zudem kritisierten die Evaluatoren, dass die Einrichtung der kantonalen COVID-19-Hotline nicht rechtzeitig erfolgte.
Das vom Kanton aufgezogene Krisenmanagement ermöglichte es insgesamt, sachgerechte Beschlüsse zur Bekämpfung der Pandemie und der negativen Auswirkungen der Massnahmen zu fassen. Zu nennen sind insbesondere die Verschiebung und Absage der Landsgemeinden, die Massnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft sowie die Entscheide zum Einsatz des Kantonalen Führungsstabs und zur Rückführung des Krisenmanagements in die ordentlichen Strukturen.
Optimierungsmassnahmen werden geprüft
Interface hat aus den Erkenntnissen der Evaluation fünf Empfehlungen abgeleitet:
- Grundlagen: Es soll eine Gefährdungs- und Risikoanalyse durchgeführt werden. Es wird empfohlen, die Kantonsverfassung mit einer Regelung über Notmassnahmen und den Umgang mit der Landsgemeinde in Notsituationen zu ergänzen. Der kantonale Pandemieplan ist zu überarbeiten.
- IT-Infrastruktur und Prozesse: Der Krisenfall soll bei der Weiterentwicklung der Informatik konsequent mitgedacht werden. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Information von Mitarbeitenden ohne Zugriff auf das Intranet durchgehend gewährleistet ist.
- Externes Fachpersonal: Bereits im Vorfeld sollen in Schlüsselbereichen Vereinbarungen mit externen Personen getroffen werden, die in Krisen auf Abruf eingesetzt werden können.
- Übungen und Schulungen: Es wird empfohlen, unterschiedliche Krisenszenarien zu üben und Schulungen zur Stabsarbeit und zur Führung in der Krise durchzuführen.
- Strukturen für interkantonales Koordinationsgremium: Es sei zu prüfen, ob eine politische Koordination der Ostschweizer Kantone in einem eigenen Koordinationsgremium sinnvoll ist.
Die Standeskommission hat von den Empfehlungen Kenntnis genommen. Teilweise sind Lösungen bereits umgesetzt oder in Vorbereitung. So ist insbesondere die Koordination unter den Ostschweizer Kantonen inzwischen etabliert, und auch eine Regelung für die Notzuständigkeit ist im Entwurf der neuen Kantonsverfassung enthalten. Bei den weiteren Empfehlungen hat die Standeskommission Prüfaufträge an die Departemente erteilt.
Der gesamte Bericht von Interface ist öffentlich und kann unter www.ai.ch/bericht-corona-pandemie heruntergeladen werden.