Ostschweizer Kantone begrüssen Ausdehnung der Zertifikatspflicht
Die Standeskommission unterstützt zusammen mit den Regierungen der Kantone St.Gallen, Appenzell A.Rh. und Thurgau die Absicht des Bundesrats, im Falle eines weiteren Anstiegs der Hospitalisationen von Corona-Erkrankten den Einsatzbereich für die Corona-Zertifikate auszudehnen. Mit diesem Vorgehen kann die Ansteckungsgefahr zielgerichtet und unter zumutbaren Bedingungen eingeschränkt werden, ohne dass erneut ein Lockdown angeordnet werden muss.
Seit einigen Wochen steigt in der Schweiz die Zahl der Spitaleinweisungen von COVID-19-Patientinnen und -Patienten stetig an. Bei gleichbleibender Entwicklung werden die Aufnahmemöglichkeiten in den Ostschweizer Spitälern und Intensivstationen in nächster Zeit erschöpft sein. Schon heute müssen teilweise Operationen verschoben werden, um die Kapazitäten zu sichern. Um eine Überlastung des Gesundheitswesens zu vermeiden, sind Massnahmen in die Wege zu leiten.
Der Bundesrat schlägt vor, im Falle von weiterhin steigenden Hospitalisationen die Pflicht zum Einsatz des COVID-19-Zertifikats («geimpft, getestet, genesen») auszudehnen. Diese Massnahme betrifft namentlich Gastronomiebetriebe, Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie Veranstaltungen. Der Bundesrat hat zu seinen Vorschlägen bei den Kantonen vorsorglich eine Konsultation durchgeführt.
Bund soll Zertifikatspflicht ausdehnen
Die Ostschweizer Regierungen erachten die vorgeschlagene Ausweitung der Zertifikatspflicht als geeignetes und zumutbares Instrument, um eine Überlastung des Gesundheitssystems und erneute Verbote oder Einschränkungen von Angeboten, Veranstaltungen und Betätigungsmöglichkeiten zu verhindern. Als mildere Alternative zu neuen Verboten und Schliessungen hilft die Erweiterung der Zertifikatspflicht, die Handlungsmöglichkeiten der Gesellschaft unter zumutbaren Bedingungen zu erhalten. Für die Betriebe bringt sie zwar einen gewissen Aufwand, gleichzeitig aber auch Erleichterungen, indem beispielsweise die Kapazitätsgrenzen im Innern von Restaurants und die dort noch bestehenden Maskenpflichten wegfallen.
Die vier Kantonsregierungen geben einer nationalen Lösung gegenüber unterschiedlichen kantonalen Lösungen klar den Vorzug. Eine Bundesregelung bringt Klarheit für die Bevölkerung und verhindert, dass für bestimmte Angebote und Leistungen auf andere Kantone ausgewichen wird.
Noch zu klären ist allerdings, bei welchen Richtwerten der Bundesrat die vorgeschlagenen Änderungen in Kraft setzen möchte. Als Auslösekriterium schlägt die Standeskommission die Belastung der Gesundheitsversorgung und insbesondere der Intensivpflegestationen vor.
Religiöse Veranstaltungen und Veranstaltungen zur politischen Meinungsbildung ohne Zertifikatspflicht
Die vom Bundesrat vorgeschlagene Begrenzung auf 30 Personen für eine zertifikatsfreie Durchführung von religiösen Veranstaltungen und Veranstaltungen zur politischen Meinungsbildung erachtet die Standeskommission als nicht gerechtfertigt. Sie fordert, dass in diesen beiden Bereichen auf eine Zertifikatspflicht vollständig verzichtet und die heutige Lösung mit Schutzkonzepten weitergeführt wird.
Zertifikatspflicht im Arbeitsbereich
Der Bund möchte eine Rechtsgrundlage schaffen, damit das Zertifikat im Arbeitsbereich eingesetzt werden kann. Den Arbeitgebenden soll die Möglichkeit eingeräumt werden, sich ein Zertifikat vorweisen zu lassen, damit sie abgestimmt darauf die betrieblichen Schutzkonzepte oder Einsatzpläne anpassen können. Diese Absicht wird begrüsst. Für die Standeskommission ist aber wichtig, dass die Arbeitgebenden selber entscheiden können, ob sie die Zertifikate als Instrument für die Schutzkonzepte und Planung einsetzen oder ob sie darauf verzichten wollen. Sie dürfen nicht dazu verpflichtet werden.
Verzicht auf Kontaktdatenerhebung
Abgelehnt wird der Vorschlag des Bundesrats, in Diskotheken und Tanzlokalen eine Kontaktdatenerhebung zu verlangen. Indem solche Veranstaltungen zertifikatspflichtig werden, darf man sich im Innern grundsätzlich frei bewegen, was ein zielgerichtetes Contact-Tracing fast unmöglich macht. Eine Datenerhebung beim Eintritt macht bei dieser Sachlage wenig Sinn. Hinzu kommt, dass sich in diesen Lokalen vor allem in Fällen Probleme ergaben, in denen lediglich Test-Zertifikate vorgewiesen wurden. Es ist davon auszugehen, dass sich mit der Einführung der Kostenpflicht für präventive Tests ab dem 1. Oktober weniger Leute mit einem Test-Zertifikat in Diskotheken und Tanzlokalen aufhalten werden. Auf eine Kontaktdatenerhebung soll daher verzichtet werden.