1513 - Appenzell tritt der Eidgenossenschaft bei
Abschluss einer lang dauernden politischen Entwicklung (1411-1513)
Der Beitritt des noch ungeteilten Landes Appenzell zur Eidgenossenschaft (1513) bildete den Abschluss einer rund hundertjährigen, von Rückschlägen geprägten Entwicklung. 1411 nahmen die eidgenössischen Orte die Appenzeller erstmals in ihr Burg- und Landrecht auf. Damit wurde ein zunächst noch sehr ungleiches Verhältnis geschaffen. Den Eidgenossen ging es in erster Linie darum, die Appenzeller nach deren Kriegszügen der Jahre 1403 bis 1408 zur Ruhe zu bringen und für ihre politischen Ziele einzusetzen. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass die Appenzeller den eidgenössischen Orten gehorsam zu schwören hatten und sich nicht in deren Konflikte einmischen durften. Auch hatten sie auf jedes Ersuchen hin militärisch zu Hilfe zu eilen, während die Eidgenossen ein appenzellisches Aufgebot nach Gutdünken auch ablehnen konnten.
Eine nur unwesentliche Verbesserung der appenzellischen Stellung ergab sich aufgrund des Toggenburgischen Erbschaftskrieges der Jahre 1440 bis 1446. Dieser drehte sich um das Erbe des 1436 kinderlos verstorbenen Grafen Friedrich VII. von Toggenburg. Dessen Besitzungen im Toggenburg, im Linthgebiet und im Rheintal standen im Spannungsfeld politischer Interessen der Stadt Zürich und der österreichisch-habsburgischen Herzöge einerseits sowie den übrigen eidgenössischen Orten unter Führung von Schwyz andererseits. Von beiden Parteien umworben, folgten die Appenzeller letztlich dem Hilfegesuch der eidgenössischen Orte, welche sich in den lang andauernden, von verheerenden Plünderungszügen begleiteten Auseinandersetzungen erfolgreich behaupteten. In der Folge erhielten die Appenzeller 1452 ein neues Bündnis, das punktuelle Verbesserungen brachte. Unter anderem mussten sie ihre eidgenössischen Hilfstruppen nicht mehr selber bezahlen. Von einer Mitsprache an der Tagsatzung und einer Beteiligung an den Pensionen für Söldnerdienste war jedoch zur Enttäuschung der Appenzeller keine Rede.
Dafür gelangten sie im Nachgang zum Toggenburgerkrieg 1460 durch Kauf in den Besitz der Herrschaft Rheintal, die von Rüthi südlich des Hirschensprungs bis nach Staad am Bodensee reichte. Der appenzellische Vogt, welcher die hohe Gerichtsbarkeit ausübte, residierte in Rheineck. Die Appenzeller konnten sich jedoch nicht für lange Zeit als Herren aufführen. Grund war der sogenannte Rorschacher Klosterbruch. Der ehrgeizige Abt Ulrich Rösch hatte es darauf angelegt, das Kloster St. Gallen aus seiner Umklammerung durch Stadt zu befreien. Deshalb liess er ab 1485 in Rorschach ein neues Kloster erbauen. 1489 überfielen und zerstörten St. Galler, Appenzeller und Rheintaler den halbfertigen Bau, weil sie einen Zuwachs der äbtischen Macht fürchteten. Da das Kloster ebenfalls zugewandter Ort der Eidgenossen war, intervenierten diese zugunsten der Abtei. Die Landfriedensbrecher hatten dem Kloster eine Entschädigung zu zahlen und die Appenzeller mussten die Landvogtei Rheintal 1490 den eidgenössischen Schirmorten abtreten.
Obwohl die Appenzeller im Schwaben- bzw. Schweizerkrieg von 1499/1500 zum wiederholten Male mit Truppenaufgeboten auf Seiten der Eidgenossen standen, verweigerten ihnen diese 1501, 1510 und 1512 die Aufnahme als vollberechtigtes Mitglied. Städtische Orte wie Solothurn und Freiburg (beide 1481 aufgenommen), Basel (1501) sowie Schaffhausen (1503) erhielten den Vorzug. Lediglich in Bezug auf die Gemeine Herrschaft Rheintal waren die Eidgenossen zu Zugeständnissen bereit. Die Appenzeller wurden als achter regierender Ort zugelassen. Eine Wende zeichnete sich 1513 ab. Die Appenzeller beteiligten sich mit anderen eidgenössischen Orten auf Ersuchen von Kaiser Maximilian an einem Feldzug gegen den französischen König. Als die Eidgenossen in der burgundischen Hauptstadt Dijon angelangt waren, machte Ihnen Frankreich grosse finanzielle Versprechungen, um sie anschliessend aber hinzuhalten. Die ungewisse Lage zwischen den Interessen der beiden mächtigen Monarchen stärkte das Zusammengehörigkeitsgefühl, sodass die eidgenössischen Orte nun unvermittelt bereit waren, die Türe für die Appenzeller zu öffnen. Am 17. Dezember 1513 stellten sie den Bundesvertrag aus, der die Appenzeller als 13. Mitglied der Eidgenossenschaft aufnahm. Fortan hatten diese Sitz und Stimme an der Tagsatzung und erhielten einen Anteil an den eidgenössischen Jahrgeldern, Pensionen, Zinsen und Zöllen.